Das Drehbuch im Hollywood-Format

Konventionen für Stil, Struktur und Layout des spec script

"»Morgens klingelte im Büro so gut wie neu das Telefon«, fängt Martin Schabeneck unvermittelt an, »denn Kalifornien schlief noch und außer gelegentlichen Anrufen von zumeist ungehaltenen Regisseuren aus London, die darauf bestanden, mit unserem Arbeitgeber direkt zu sprechen, tat sich nichts«. Der Arbeitgeber von dem er spricht, ist ein berühmter aber ungenannter Schauspieler, der Hunderte Drehbücher im Schrank seiner Produktionsfirma aufbewahrt. Die kleine Geschichte läuft darauf hinaus, dass der Autor, zuständig für Drehbücher, vor diesem Regal sitzend die Zeit nutzte, die Drehbücher durchzuschmökern und sie »nach Format und Schreibstil zu untersuchen«.

Das Buch, das er dank dieser Erfahrung schreiben konnte, beginnt mit der Formatierung: von der Titelseite bis zu verschiedenen Szeneelementen. Dieser Teil sei zwar »ungemein wichtig, aber so richtig unterhaltsam ist er wohl nur für Pedanten«, sagt Schabeneck, und: »[d]ie darauffolgenden Kapiel wie Schreibstil, Präsentation eines Drehbuchs, Umgang mit potenziellen Käufern und die Struktur Hollywoods sind dann schon von allgemeinem Interesse«.

Der amerikanische Markt unterscheidet zwei Drehbucharten: das Drehbuch für die Produktion (production script oder shooting script) und das Drehbuch, das an den Produzenten verkauft wird (speculation script oder selling script). Letztere Variante wird in diesem Buch behandelt. Schabeneck betont, dass sich sein Buch an Menschen richtet, die die allgemeinen Prinzipien des Drehbuchschreibens bereits kennen. Sprich: wer mit seinen Drehbüchern auf dem amerikanischen Markt erfolgreich werden möchte und zu diesem Zweck die (derzeit herrschenden) Konventionen des amerikanischen Drehbuchs kennen lernen möchte, greife zu diesem Buch. Es gilt zu verhindern, vor professionellen Drehbuchlesern als unerfahrener Autor dazustehen und wegen mangelhafter Form, unpassendem Schriftsatz, schlechtem Englisch oder stilistischen Fehltritten von vornherein missachtet zu werden.

Wenn das Drehbuch am PC fertig ist, geht es gewissenhaft weiter: mit dem richtigen Papierformat und der richtigen Buchbindung (»Lochen Sie die Seiten mit einem (klobigen) amerikanischen Locher, der etwa ein viertel Zoll [1/4"] große Löcher in den Seitenrand macht«) oder der bebilderten Anleitung, wie die »Rundkopf-Muster(Beutel)klammer#5« konventionsgetreu im klobigen amerikanischen Loch umgebogen wird. Nun gilt es, das Drehbuch an den Agenten und anschließend mit oder ohne Agenten an die Produktionsfirma zu bringen: die schriftliche und telefonische Kontaktaufnahme. Im Anschluss hat der Autor Adressen von unabhängigen Produktionsfirmen, Agenten und Drehbuchwettbewerben untergebracht.

Schabeneck verbindet klare Regeln und Richtlinien sporadisch mit trockenem Humor (»Sogenannte Asiaten als Oriental zu bezeichnen gilt als unangebracht. Der Begriff Oriental eignet sich besser für Teppiche«). Viele Kapitel enden in einer stichwortartigen Zusammenfassung. Auf Erklärungen folgen stets großzügige und variantenreiche Beispiele, oft auch als »So nicht«-Beispiel. Die Buchseiten sind trotzdem sehr generös: alleine fünf Buchseiten bestehen nur aus Beispielen für Titelseitenvarianten.

Sehr detailliert, beinahe pedantisch geht Schabeneck vor: ob milimetergenaue Tabulatorposition, Seitenumbruch im Dialog, Zeilenabstände (deutlich gemacht mittels Steuerzeichen), Traumsequenzen oder die korrekte Bezeichnung von ethnischen Minderheiten - kein Formdetail bleibt ungeklärt, keine Fragen offen. Fragen, die sich oft nur während des Schreibprozesses auftun, und deren Antwort sich (dank der vielen kurzen Kapitel) im Inhaltsverzeichnis und dem Stichwortregister leicht finden lassen.

Martin Schabeneck hat ein übersichtliches, unterhaltsames und überaus präzises Buch geschrieben, das es dem Leser ermöglicht, ein Drehbuch nach Hollywood zu senden, das sich von denen der professionellen Schreiber der Writers Guild of America wohl nicht mehr unterscheiden lässt. Da kann sich der Agent oder Produzent eigentlich nur noch über den ungewöhnlichen Absender wundern.

Das Drehbuch im Hollywood-Format
Veröffentlicht:
Autor:
Martin Schabenbeck
Verlag:
Dpunkt Verlag
isbn:
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Gemacht mit

corazon

von Lene Saile